Die deutsche Kriegswirtschaft und Funktionswandel des KZ-Systems ab 1942/43

Der verstärkte Einsatz von KZ-Häftlingen in der deutschen Kriegswirtschaft ab 1942 war eine Reaktion auf den Verlauf des Zweiten Weltkrieges. Der gescheiterte Sieg über die Sowjetunion führte zu einer neuen, zusätzlichen Funktion der Konzentrationslager, die für die Kriegswirtschaft die brutale Ausbeutung der Arbeitskraft von Häftlingen in den Vordergrund rückten.

Im Februar 1942 wurde darauf das Wirtschaftsverwaltungshauptamt (WVHA) gegründet, dem unter anderem die Inspektion der Konzentrationslager unterstellt wurde.

Die auf der Wannsee-Konferenz 1942 beschlossene Vernichtung der Juden galt mit diesem Funktionswandel der Konzentrationslager aber lediglich als aufgeschoben. Der Leiter das WVHA Oswald Pohl schrieb am 16. September 1942 an Himmler:

„Die für die Ostwanderung (d.i. die Deportation in die Vernichtungslager – d. Aut.) bestimmten arbeitsfähigen Juden werden also ihre Reise unterbrechen und Rüstungsarbeit leisten müssen.“1

Im Frühjahr 1943 war neben technischen Schwierigkeiten, Rohstoff- und Treibstoffengpässen der Arbeitskräftemangel das gravierendste Problem, da immer mehr Deutsche in die Wehrmacht einberufen wurden und es auch immer schwieriger wurde, ausländische ArbeiterInnen ins Deutsche Reich zu bringen.

Am 22.8.1943 ordnete Hitler die Beschleunigung des Arbeitseinsatzes von KZ-Häftlingen an, der im Herbst des gleichen Jahres in der Rüstungsindustrie begann. Im Wirtschaftsverwaltungsamt schätzte man, dass 1944 120.000 bis 150.000 KZ-Häftlinge in der Rüstungsindustrie eingesetzt waren.2 Zum Jahresende 1944 sind 700.000 Häftlinge aus Konzentrationslagern und 8,2 Millionen ausländische Zivilarbeiter und Kriegsgefangene zur Zwangsarbeit eingesetzt worden.3

 

 

1Zit. In: Tuchel, Johannes: Inspektion der Konzentrationslager, Berlin 1984, S.139

2Fröbe, Rainer: KZ-Häftlinge als Reserve qualifizierter Arbeitskraft. Eine späte Entdeckung der deutschen Industrie und ihre Folgen. In: Dieckmann, Christoph; Orth, Karin: Die nationalsozialistischen Konzentrationslager. Entwicklung und Struktur. Band II, S.637

3Kolditz, Gerald: Fremd- und Zwangsarbeit in Sachsen 1939-1945: Beiträge eines Kolloquiums in Chemnitz am 16. April 2002 und Begleitband einer Gemeinschaftsausstellung der Sächsischen Staatsarchive, Halle 2002, 169 ff.